Graz (18. Juni 2025).- Ganz im Zeichen der Amoktat in Graz am 10. Juni stand heute (18.06.2025) die Tagung des Steirischen Sicherheitsbeirats im Weißen Saal der Grazer Burg. Dieses Gremium wurde von der Steiermärkischen Landesregierung neu eingerichtet. Nach einer intensiven Lagebesprechung und Analyse mit Expertinnen und Experten aus dem Sicherheits- und Bildungsbereich traten im Anschluss Landeshauptmann Mario Kunasek, Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom, Bildungslandesrat Stefan Hermann und Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner im Medienzentrum Steiermark vor die Medien.
Landeshauptmann Mario Kunasek: „Natürlich sind nach einem solchen Ereignis der Informations- und der Diskussionsbedarf groß. Was die Aufarbeitung betrifft, sind wir meiner Meinung nach auf einem guten Weg. Bisher war die Zeit nicht reif, aber jetzt beginnen wir damit, Ableitungen zu treffen. Wenn ich die Ergebnisse von heute zusammenfasse, dann ist es die Aussage: ‚Es ist die Spitze eines Eisbergs.‘ Wir stehen vor vielschichtigen Problemen, das haben die Experten deutlich gemacht. Was tun wir? Als erste Konsequenz wird ein Beirat zur Gewaltprävention unter der Leitung von Landesrat Stefan Hermann eingerichtet, in dem gemeinsam mit Experten Vorschläge an die Politik ausgearbeitet werden. Ein weiteres großes Thema sind die Sozialen Medien. Auch hier sehen wir nur die Spitze des Eisbergs. Unsere Kinder und Jugendlichen halten sich mehrere Stunden pro Tag in den Sozialen Medien auf. Hier müssen wir die Eltern begleiten und schulen. Wir haben weiters auch festgestellt, dass viele Papiere bereits ausgearbeitet sind, dass es aber darum geht, besser zu koordinieren und zu informieren. Wir werden es nicht schaffen, solche Taten zu 100 Prozent zu verhindern, aber ich kann versprechen, dass wir alles tun werden, um dieses Ziel bestmöglich zu erreichen.“
Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom: „Wir haben den Sicherheitsbeirat ganz schnell und gemeinsam mit allen politischen Parteien an die Ist-Situation angepasst und heute erste wichtige Punkte mit Expertinnen und Experten diskutiert. Wir haben zwar mittlerweile das Handyverbot an unseren Schulen, aber Tatsache ist, unsere Kinder versinken in den Sozialen Medien. Wie wir durch allfällige Einschränkungen zu besserem Schutz für unsere Kinder kommen, liegt natürlich nicht in Landeskompetenz, daher bin ich dankbar, dass sich die Bundesregierung dieses Themas annimmt. Was wir auf steirischer Ebene tun können, ist, die digitale Medienkompetenz der Kinder und Eltern zu stärken. Deswegen werden wir im Beirat für Gewaltprävention als eines der ersten Themen einen sogenannten Eltern-Kind-Bildungspass besprechen. Denn die Eltern gehören in Zukunft noch intensiver dabei unterstützt, ihrer Verantwortung im realen und digitalen Raum auch gerecht werden zu können. Wobei ganz klar ist, dass es eine große Herausforderung sein wird, jene zu erreichen, die sich mit diesen Themen bisher noch nicht oder kaum beschäftigt haben.“
Bildungslandesrat Stefan Hermann: „Mein großer Dank gilt allen, die in den vergangenen Tagen mitgeholfen haben, von der Polizei über die Schule bis hin zur Bildungsdirektion. Mein Dank geht auch an das Bildungsministerium und die Bundesländer. Es war beeindruckend, wie schnell Hilfe da war. Die Radikalisierung an unseren Schulen ist leider ein Faktum. Darauf hat bereits mein Amtsvorgänger im Vorjahr mit der Schaffung der Koordinierungsstelle für Gewalt und Radikalisierungsprävention reagiert. Die Zahlen zeigen, wie notwendig diese ist: Allein im letzten halben Jahr gab es 210 Kontaktaufnahmen, 126 davon aus dem steirischen Zentralraum. Es kam zu 167 Einsätzen des Kriseninterventionsteams. Wir haben auch einen kontinuierlichen Anstieg suspendierter Schüler, die wir aber mit unserer Suspendierungsbegleitung, die ein österreichweites Vorbild ist, nicht allein lassen. Die Schulpsychologie hat hervorragende Arbeit geleistet, sie muss aber ausgebaut werden. Wir erhöhen das Budget für die Schulsozialarbeit von fünf auf knapp sechs Millionen Euro. Und wir unterstützen die außerschulischen Angebote. Wir wollen auch jetzt nicht vorschnelle Antworten, wir wollen Antworten mit Hand und Fuß. Wir brauchen wieder mehr Sicherheit an den steirischen Schulen und mehr Vertrauen in diese. Wir müssen bestehende Angebote besser kommunizieren. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Sozialen Medien. Ich bin skeptisch, ob Verbote der Weisheit letzter Schluss sind. Ohne erhobenen Zeigefinger müssen wir den Eltern klarmachen, dass ihre Obsorge auch im digitalen Raum gilt. Und wir müssen und werden sie dabei unterstützen. An der betroffenen Schule selbst wird die Hilfe weiterhin in vollem Umfang angeboten. Aber es zeigt sich immer mehr, dass jedes Kind seinen eigenen Weg zur Aufarbeitung braucht und geht.“
Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner ging im Detail darauf ein, wie es am BORG Dreierschützengasse weitergehen wird: „Klar ist, dass es noch sehr lange dauern wird, die Ereignisse vom 10. Juni zu verarbeiten. Es gibt allerdings viele unterschiedliche Betroffenheiten. Von jenen, die bei der Amoktat direkt dabei waren, bis zu jenen, die gerade auf Schulsportwoche gewesen sind. Für uns ist die dauerhafte und intensive Unterstützung der Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort von zentraler Bedeutung. Das Team der Lehrerinnen und Lehrer hat ein Programm zusammengestellt, das ab Montag, dem 23. Juni, umgesetzt werden wird. An Regelunterricht ist natürlich weiterhin nicht zu denken, aber das Ziel wird es sein, alle Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Jedes Kind wird seinen eigenen Weg zurück in die Schule finden. Dafür wird es drei verschiedene Angebote geben. Erstens gibt es weiterhin Angebote bei der List-Halle für jene, die das nutzen wollen. Zweitens wird es am Schulgelände Angebote in mobilen Klassen geben, die ab Montag bereitstehen werden. Und drittens wird für jene, die bereits wieder ins Schulgebäude wollen, der erste Stock der Schule geöffnet. Nur jene Räumlichkeiten des Gebäudes, die vom Geschehenen am wenigsten belastet sind, werden genutzt. All das wird selbstverständlich unter ständiger psychologischer Betreuung ablaufen. Das Schulgebäude wird mittelfristig in enger Zusammenarbeit mit der gesamten Schulgemeinschaft umgestaltet werden.“
Fotoservice: Eine laufend aktualisierte Sammlung von Pressebildern des Landes Steiermark zu den Ereignissen nach der Amoktat in Graz ist in unserer Fotogalerie zu finden.
Graz, am 18. Juni 2025 |