Gedenksitzung des Landtages Steiermark
Auf Einladung von Landtagspräsident Gerald Deutschmann gedachte die Politik der Opfer der Amoktat


Graz (17. Juni 2025).- Zum Start der offiziellen Gedenkfeierlichkeiten des Landes Steiermark zur Amoktat vor einer Woche trugen sich heute Früh (17.06.2025) die Mitglieder der Landesregierung ins Kondolenzbuch im Grazer Rathaus ein. Im Anschluss startete die Gedenksitzung des Landtages, zu der Landtagspräsident Gerald Deutschmann im Einvernehmen mit allen Landtagsfraktionen in die Landstube eingeladen hatte. Landeshauptmann Mario Kunasek, Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom, Klubobmann Marco Triller, Klubobmann Lukas Schnitzer, Landtagsabgeordneter Max Lercher, Klubobfrau Sandra Krautwaschl, Klubobmann Nikolaus Swatek und Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler traten dabei mit berührenden Worten ans Rednerpult. Unter den Teilnehmenden der Gedenksitzung befanden sich die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr an der Spitze weiterer Mitglieder der Stadtregierung, Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner, der Schulsprecher Ennio Resnik, Lehrerinnen und Lehrer und Elternvertreter der betroffenen Schule sowie Bundesräte und Landtagsabgeordnete außer Dienst.
Landtagspräsident Deutschmann betonte zum Beginn: „Unser Graz und unser Land sind nicht mehr das, was sie vor dem 10. Juni waren. Nicht nur österreichweit, sondern auch international war Graz in den vergangenen Tagen Zentrum der Aufmerksamkeit – eine Aufmerksamkeit, die auf schmerzhafte Weise gezeigt hat, welches Ausmaß dieses furchtbare Verbrechen erreicht hat. Doch inmitten der tiefen Trauer ist auch ein starkes Zeichen des Zusammenhalts spürbar: Wir Steirerinnen und Steirer stehen in diesen schweren Tagen fest an der Seite der Opfer und ihrer Familien. Mit der heutigen Gedenksitzung setzt der Landtag Steiermark ein klares, parteiübergreifendes Zeichen der Solidarität mit den Opfern dieses schrecklichen Amoklaufs.“
Die Rede von Landeshauptmann Mario Kunasek:
„Der Dienstag, genau vor einer Woche, war ein schwarzer Tag. Das Grüne Herz weint und wird noch lange brauchen, bis die Narben dieses 10. Juni 2025 verheilt sind. Bei solchen Anlässen fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden, sich vorzubereiten – und wenn man Worte findet, diese so vorzutragen, dass sie auch nur annähernd das Leid und den Schmerz der Betroffenen ausdrücken.
Lassen sie mich zu Beginn noch einmal der Opfer und Hinterbliebenen gedenken. Die Steiermark lässt niemanden zurück. Die Steiermark muss zusammenstehen und hat das in den letzten Tagen auch bewiesen. Meine Bitte an die Hinterbliebenen und Zeugen: Nehmen Sie Hilfe in Anspruch. Die Steiermark wird so lange Hilfe anbieten, wie es notwendig ist, diese unfassbare Tat zu verarbeiten – seien es Tage, Monate oder Jahre.
Niemand kann sich in die Gefühlswelt der Hinterbliebenen, der Betroffenen, der Eltern, der Geschwister versetzen. Ich bin Vater, und natürlich denkt man darüber nach, wie es einem gehen würde. Man kann es sich nicht vorstellen. Es muss Trauer, Wut, Ohnmacht sein. Und es muss viele Fragen geben, die kaum zu beantworten sind. Viele Fragen haben wir uns in den letzten Tagen wohl alle gestellt. Jede Frage, die man sich stellt, wirft eine neue Frage auf. Es ist jetzt noch nicht möglich, alle Antworten auf alle aufgeworfenen Fragen zu haben.
Was erwartet die Steiermark von mir als Landeshauptmann? Und als Mensch? Auch das ist für mich schwer zu beantworten. Einerseits soll man Zuversicht ausstrahlen, Halt geben. Andererseits sind wir alle nur Menschen. Eine Antwort wurde mir gegeben, als ich am Tag nach der Tat in der List-Halle war. Es geht gar nicht immer um Worte, es geht ums Zuhören. Bei jeder Gedenkveranstaltung hat man gemerkt, wie ruhig es ist, auch wenn tausende Menschen zusammenkommen. Das ist das Zeichen dafür, dass es erstmal gar nicht um Worte geht, sondern darum, füreinander da sein und zu signalisieren: Ihr seid nicht alleine.
Ich habe in den letzten Tagen versucht, politisch so zu agieren, dass wir uns allen und vor allem den Betroffenen und Hinterbliebenen die notwendige Zeit geben, um innezuhalten und zu trauern. Das wird noch dauern, das wird heute noch nicht vorbei sein. Wenn diese Phase vorbei ist, wird es in einer nächsten Phase darum gehen, die richtigen politischen Schlüsse zu ziehen und Maßnahmen zu treffen.
Ich habe in den letzten Tagen oft den Wunsch nach Normalität gehört. Und dass wir zurück zur Normalität müssen. Über die Frage der Normalität habe ich nachgedacht. Welche Normalität meinen wir? Jene vor 10. Juni 10 Uhr? Welche Normalität wünschen wir uns? Für uns? Für unsere Kinder? Für die nächste Generation? Der Frage nach der gewünschten Realität werden wir uns in den nächsten Wochen öfter stellen, und es ist die Aufgabe der Politik, egal welcher Couleur, diese Antworten in den nächsten Wochen den Steirerinnen und Steirern und den Menschen in Österreich zu geben.
Ich bin zutiefst berührt vom großen Zusammenhalt und der großen Solidarität, die wir in den letzten Tagen erlebt haben. Gleichzeitig habe ich aber auch mitbekommen, was auf Social Media passiert ist, ich habe mir Postings angeschaut und Kommentare durchgelesen. Die teilweise Heroisierung des Täters, Hasskommentare gegen Opfer – was passiert mit jungen Menschen, die sowas lesen? Was löst das aus? Wenn wir uns das bewusst machen, dann glaube ich, dass wir erst am Beginn der Aufarbeitung sind. Wir haben noch sehr, sehr viel vor uns. Mein dringender Appell ist: Gehen wir behutsam vor. Nicht nur heute, sondern auch in der nächsten Phase, um nicht noch mehr Eskalation, Spaltung zu verursachen – dabei nehme ich mich und meine Partei nicht aus.
Es ist mir wichtig, mich bei allen zu bedanken, die in den letzten Tagen dazu beigetragen haben, noch Schlimmeres zu verhindern. Das beginnt bei der Polizei, bei jenen Polizisten, die als erste ins Gebäude gegangen sind. Ich bedanke mich bei den Lehrerinnen und Lehrern, die richtig reagiert haben, die gewusst haben, wie man sich zu verhalten hat. Danke ans EKO Cobra, das so unglaublich schnell vor Ort war und die Lage gesichert hat, wodurch die notärztliche Versorgung umgehend beginnen konnte. Dadurch wurde dazu beigetragen, dass nicht noch mehr Opfer zu beklagen waren. Ich danke allen Rettungskräften, den Kriseninterventionsteams, der Schulpsychologie, der Bildungsdirektion – meine riesengroße Hochachtung vor den erbrachten Leistungen.
Als Landeshauptmann der Steiermark, als Vater, als Mensch betone ich noch einmal: Wir werden niemanden zurücklassen. Wir werden in den nächsten Tagen und Wochen nach bestem Wissen und Gewissen unsere Ableitungen treffen, wir werden unser Bestes tun, solchen Taten in Zukunft vorzubeugen. In den letzten Tagen wurde die Dialogfähigkeit immer wieder beschworen – beginnen wir bei uns selbst, in unserem persönlichen Umfeld, in der eigenen Familie. Hören wir mehr zu, sagen wir vielleicht ein nettes Wort mehr, öfters ein ,Ich liebe dich‘, eine Umarmung mehr, damit wir unserer ureigensten Verantwortung als Menschen gerecht werden.
Ich wünsche dem Grünen Herz Österreichs, das heute noch weint, dass es heilt und in Zukunft noch stärker schlägt als in der Vergangenheit.“
Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom:
„Pfiat Di bis auf d´Nocht. Viele haben sich so am vergangenen Dienstag verabschiedet. Aber dieses Später gibt es nicht mehr. Es gibt es nicht mehr, weil eine kranke, verletzte Seele diese Leben genommen hat. Als Mutter zerreißt es mir das Herz, doch bin ich nicht in der Lage, das Ausmaß dieses Schmerzes zu erfassen.
Es stellt sich die Frage, wie wir helfen können. Dasein und Mitfühlen, das ist die Antwort. Die Steiermark hat gezeigt, dass es dieses Miteinander gibt und dass wir diesen Schmerz gemeinsam tragen. Ich bedanke mich bei allen Menschen, die geholfen haben. Danke, dass ihr da wart und ganz selbstverständlich geholfen habt. Wir haben ganz rasch Unterstützungsmaßnahmen im psychologischen Bereich angeboten. Und ich appelliere, nehmen Sie diese Angebote in Anspruch. Das Kriseninterventionsteam war da, wir haben das PsyNot-Krisentelefon mit 0800 449933, rufen Sie an, holen Sie sich Hilfe.
Vertrauen zu schenken, das ist nun die große Herausforderung, der wir uns als Gesellschaft stellen müssen. Zusammenhalt über Parteigrenzen ist in der Politik wichtig. Die Politik, die im Moment so sehr gefordert wird, die, und das ist mein Appell an euch, nicht heute schnelle Entscheidungen treffen muss. Sondern die gut hinschauen muss. Der Schulsprecher des BORG Dreierschützengasse hat gesagt, der Täter wollte, dass wir hassen. Er ist gescheitert. Weil wir den Zusammenhalt im Moment leben. Aber wissen Sie, Zusammenhalt ist nicht etwas, das nach einer Woche vorübersein darf. Es ist ein Marathon, Gesellschaft miteinander zu leben. Und es hilft nichts, über Mobbing zu schimpfen und selber Hasspostings abzusetzen. Und es hilft nicht, das Füreinander zu fordern, aber fürs Miteinander nicht bereit zu sein. Wir müssen hinhören.
Der Schulsprecher hat gesagt, ihr seid das Licht der Welt. Ich wünsche mir, dass ihr alle, jeder und jede in diesem Land, dass wir dieses Licht sehen. Dass uns dieses Licht hilft, den Zusammenhalt zu leben. Dass uns dieses Licht hilft, den gemeinsamen Weg zu gehen. Um jenen, die betroffen sind, wieder Vertrauen zu schenken. Wieder Mut zu geben. Ihnen eine Zukunft anzubieten, in die sie, in die wir alle gerne gehen. Wir sind gefordert. Vergessen wir nicht die Opfer, aber versuchen wir, dem Licht der Welt zu folgen.“
Als offizieller Gedenkakt des Landes Steiermark steht am heutigen Dienstag um 18.30 Uhr noch die interreligiöse Gedenkfeier im Grazer Dom auf dem Programm, die via Livestream auch im Burghof per Videowall übertragen wird.
Fotoservice: Eine laufend aktualisierte Sammlung von Pressebildern des Landes Steiermark zu den Ereignissen nach der Amoktat in Graz ist in unserer Fotogalerie zu finden.
Graz, am 17. Juni 2025
Martin Schemeth unter Tel.: +43 (316) 877-4204, bzw. Mobil: +43 (676) 86664204
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